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Drittes Kapitel

EINSCHÄTZUNG DER ENTWICKLUNGEN IN GRIECHENLAND

Die Entwicklungen in der griechischen Wirtschaft

20.DiegriechischeWirtschafttendiertimJahr2017zueiner schwachen Erholung. Allerdings wird die Bestätigung dieser Tendenz auch von anderenParametern abhängen, insbesondere von den Entwicklungen in der internationalen Wirtschaft.

Berechnet auf der Grundlage der Preise vom Jahre 2010, beläuftsich der Rückgang des BIP über die letzten 5 Jahre hinweg auf 10,4%, während erim Vergleich zum Beginn der Krisenphase im Jahr 2008 die 26%-Marke übersteigt.Im Jahr 2015 schrumpfte das BIP um 0,2%, während für 2016 eine erneute Schrumpfung um 0,3% prognostiziert wird. Im Jahr 2015 verzeichnete der Volumenindex der Industrieproduktion zum ersten Mal seit 2007einen schwachen Anstieg um 0,7%, ein Trend, der sich in der ersten Hälfte2016 fortgesetzt hat. Die dynamischen Branchen der verarbeitenden IndustriebetrafenErdölerzeugnisse, pharmazeutische Produkte, Chemieprodukte und Metallerzeugung.

Die Branchenstruktur der griechischen Wirtschaft hat sich in den letztenvier Jahren nicht wesentlich verändert. Zu beobachten ist ein Anstieg des Anteils des Primärsektors andergesamtenneuenProduktionvon3,7%im Jahr 2012 auf 4% im Jahr 2015, sowie des Tertiärsektors von80,1% in 2012 auf 81,8% im Jahr 2015. Beim Sekundärsektor (Verarbeitung,Energie,Bau,Bergbau) war ein entsprechender Rückgang zu verzeichnen, und zwar von16,2% im Jahr 2012 auf 15,2% im Jahr 2015.

Abgesehen von den allgemeinen methodologischen Problemen derGliederung nach Primär- , Sekundär- und Tertiärsektor ist hier anzumerken, dass diese Daten durch die Zuordnung mancher Branchen durch die bürgerliche Statistik, wie Telekommunikation und Verkehr, demTertiärsektorbeeinträchtigt werden.Dieses methodologische Problem wirdnoch größer in Griechenland, weil die Schifffahrt (die zurTransportbranche gehört)im Zeitablauf die stärkste Branche der griechischen kapitalistischenWirtschaft ist.

Die griechische Schifffahrt nimmt 2015 international den ersten Platz ein, mit Anstieg der Tonnage, einem großen Anteil ander Flotte der Tanker und Massengutfrachter weltweit und einem hohen Maß anAusbeutung der Arbeiter der Branche. 

In denletzten vierJahren setzte sichder Abwärtstrend bei der Zahl derArbeitgeber und der Zahl der Selbständigen aufgrund der Krise fort, während es eine leichte Erhöhung der Zahl der Lohn- und Gehaltsempfänger gab. Genauergesagt, verringerte sich die Zahl der Arbeitgeber von 261.000 im Jahr 2012auf 248 000 im Jahr 2015, die Zahl der Selbständigen (zu denen auch dieBauern gezählt werden) sank von 908.000 auf 856.000 und die Zahl derLohnempfänger stieg von 2,34 auf 2,35 Millionen an. Auch die mithelfenden Familienangehörigen reduzierten sich von 185.000 auf 158.000. 

Diese Änderungen haben das Verhältnis zwischen diesen Kategorien sowie ihre Anteile in der Gesamtanzahl der Erwerbstätigen nicht wesentlich geändert: Der Anteil der Arbeitgeber sank von 7,7% auf 6,9%, der Anteil der Selbständigen von 24,6% auf 23,7% und der Anteil der Lohnempfänger stiegvon 63,4% auf 65%. Der Rest bezieht sich auf die mithelfenden Familienangehörigen, deren Anzahl einen leichten Rückgang verzeichnete. Es muss berücksichtigtwerden, dass diese Zahlen in Bezug auf die erwerbstätige Bevölkerung leicht differieren, da diese auch die Arbeitslosen umfasst, deren Großteil aus dem Bereich der Lohnarbeit kommt.

 

21.WährendderKriseverstärktesichderTrendzurKonzentrationund Zentralisation dergriechischenkapitalistischenWirtschaft.NacheinerRunde von Übernahmen und Verschmelzungen, konzentrieren sich praktisch alleBankaktivitäten auf die vier großen Banken mit Systemrelevanz.

Im Handelssektor ist ein signifikantes Wachstum des Anteils an Handelsunternehmensgruppen zu verzeichnen; im Telekommunikationssektor kontrollieren drei Gruppen (OTE, Vodafone, Wind) praktisch vollständig den Markt,wobei die zweitstärkste Gruppe eine strategische Partnerschaft mit der dritten eingegangen ist. 

DerEnergiesektorwirdaufdemGebietder Kraftstoffevondreigroßen Unternehmensgruppen dominiert, die den Bereich der Erdölraffination vollständig kontrollieren, während auch die Konzentration im Bauwesen mit großen Gruppen, diesich in kleineren Projekten engagieren, deutlich weiterging. 

In der Metallindustrie kontrollieren die beiden größten Gruppen fast 2/3 derBranche. Ähnliche Entwicklungen sind im Bereich Fremdenverkehr, Gastronomie, Nahrung und Getränke zu verzeichnen.

 

22. Die internationalen imperialistischen Vereinigungen (OECD, IWF, Europäische Kommission), wie auch die Bank von Griechenland, prognostizieren eine Erholung der griechischen Wirtschaft in 2017-2018 durch die Zunahme der Investitionen (mit Ausnahme des Wohnungsmarktes) und durch das neue Entwicklungsgesetz auf der Grundlage der EU-Finanzierung und der BeschleunigungwichtigerPrivatisierungsvorhaben.

Sie prognostizieren einen Anstieg der Warenexporte als Ergebnis der VerbesserungderWettbewerbsfähigkeitdergriechischenWirtschaft,einWachstum der Dienstleistungen (Fremdenverkehr, Schiffsverkehr) und eine Zunahmedes Inlandsverbrauchs als Folge der Erhöhung der Beschäftigungsrate, der Einkommenssteigerung und der Verbesserung der Kreditvergabebedingungen 

Als Unsicherheitsfaktoren, die zu einem negativen Ausgang führen könnten, werden die mögliche Verschlechterung der internationalen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der Kurs der EU nach dem Brexit angesehen, sowie diemöglichen negativen Auswirkungen einer Verschärfung der Flüchtlingsfrageund einer Verschlechterung der Lage in der erweiterten Region des östlichen Mittelmeers auf den Tourismus und den Handel. Weitere negative Faktoren wären die Auswirkungen der Regierungspolitik (z.B.durch Erhöhung der indirekten Steuern und Belastungen für die Volksschichten). 

Diese Bemerkungen unterstreichendieUnsicherheitderbürgerlichenPrognosen, insbesondere dann, wenn sich die Lage in der Eurozone verschlechtert und sich die Fliehkräfte verstärken.

Weiterhin ist es anzumerken, dass bestimmte Großinvestitionen (z.B. Häfen, Eisenbahnverkehr) nicht leicht verwirklicht werden können, wenn es keine mittelfristigenKompromisse mit den USA, EU, China und Russland in der Region gibt.

Die Lage der Arbeiterklasse, der anderen Volksschichten und die Regierungspolitik

23.Die Maßnahmen, die zum drastischen Abbau der Arbeitsverhältnisse, der Löhne, der Tarifverträge, der Renten, der sozialen Leistungen u.a. geführt haben, waren schon lange vor der Krise mit dem Maastrichter Vertrag und insbesondere mit dem "Weißbuch" von 1993 geplant.Siebetrafen nämlichdieGesamtheitderLänderderEuropäischenUnion, unabhängig von der jeweiligen Phase des kapitalistischen Reproduktionszyklus. Diese kapitalistischen Umstrukturierungen und die dazugehörigen arbeiterfeindlichen Regelungen dienten dem Ziel, die kapitalistischeRentabilitätvordemHintergrundderVerschärfung der internationalen Konkurrenz zu unterstützen. Dennoch erhöht sich in Zeiten der Krise verständlicherweise ihreDringlichkeit für das kapitalistische System. 

Diese strategische Planung wurde von der EU und den bürgerlichen Regierungen in den einzelnen Ländern gezielt, methodisch und auf lange Sichtgefördert. Diese Maßnahmen fanden in Griechenland vor allem ab 2010 mitdrei Maßnahmenpaketen (Memoranden) und zehn Durchführungsgesetzenallein in Bezug auf die Umstrukturierung der Arbeiterrechte (vier Gesetze2010, zwei in 2012, und jeweils eins in 2013, 2014, 2015 und 2016) ihre rascheund vollständige Entfaltung. 

Im Rahmen einer Gesamtstrategie werden gefördert: 

• Eine einheitliche Politik zur drastischen Minderung der Monats- bzw. Tageslöhne und die Durchsetzung alternativer Beschäftigungsmodelle und Teilzeitarbeit. Weitgehende Abschaffung der festen täglichen Arbeitszeit, desKündigungsschutzes im staatlichen Sektor und der gewissen Beschäftigungsstabilität in der Privatwirtschaft, mit umfassenden Änderungen in den Arbeitsverhältnissen, einschließlich Verstärkung der Flexibilitätund Mobilität. Es ist eine Politik, die auf lange Sicht der Strategie für dieDeregulierung des Arbeitsmarktes untergeordnet ist, und darauf ausgerichtet ist, die Löhne dem sehr niedrigen Niveau des internationalen kapitalistischen Weltmarktes anzupassen. 

• Eine einheitliche Politik zur Einschränkung von Gesundheits- und Sozialleistungen, vor allem der Sozialversicherungssysteme mit einemAusbau der Privatisierung. 

• Eine Politik zur Legalisierung der Leiharbeitsfirmen und der Ausnutzung der Migranten als billige Arbeitskräfte und als Druckmittel für eine Reduzierung der Löhne insgesamt. 

•Neue Einschränkungen des Streikrechts und der gewerkschaftlichen Arbeit. 

•Kontinuierliche Erhöhung der indirekten Steuern, was zu Erhöhungender Verbraucherpreise führt (z.B. Strom, Lebensmittel, Personenverkehr usw.). 

Die "Strategie Europa 2020", die vom Europäischen Rat im Juni 2010 verabschiedet wurde, empfiehlt die Vertiefung des bestehenden arbeiterfeindlichen Maßnahmengeflechts. Diese Maßnahmen, die auf eineVerbesserung der Konkurrenzfähigkeit der Monopole Europas und damitauch Griechenlands abzielen, bedeuten nicht, dass sie die WidersprüchedesSystems,die ungleichmäßige Entwicklung und die innerimperialistischen Widersprüche beseitigen können. Dies scheint am deutlichsten in derEU heute, in der das sogenannte "EconomicGovernance - European Semester" durchgeführt und ein neues "Weißbuch" vorbereitet wird, das im Frühjahr 2017bekannt gegeben wird, mit dem Ziel, die WWU widerstandsfähiger gegen „künftige Erschütterungen" zu machen. 

Die Folgen der Wirtschaftskrise und die arbeiterfeindlichen Maßnahmen, die mit den berüchtigten Memoranden und Durchführungsgesetzen ergriffen wurden, verursachten umfangreiche, tiefe und andauernde Risse in denLebens- und Arbeitsbedingungen, bei der Zusammensetzung der Arbeiterklasse, bei einem großen Teil der Selbständigen und Kleineigentümern in StadtundLand.DieArbeiterklassewurdedurch neue Teile von zerstörten Mittelschichten aus Städten und Dörfern erweitert. Weitere Teile der Mittelschichten näherten sich der Arbeiterklasse, die Zahl der Halbproletarier nahm zu. Zur gleichen Zeit stieg die Auswanderung, vorallem von jungen Menschen, an. 

Durch Umstrukturierungen und Krise schrumpfte die Schicht der Arbeiteraristokratie im privaten und staatlichen Sektor und in der staatlichen Beamtenschaft.Diesbedeutet aber nicht, dass die BourgeoisieaufErhaltung, Erneuerung und Schaffung neuer Mechanismen für die Manipulation der Arbeiterbewegung verzichtet. Die deutliche Differenzierung, die Schichtunginnerhalb der Arbeiterklasse und bei der Lohnarbeit im Allgemeinen, die diematerielleBasisfürdie Bildung derArbeiteraristokratiedarstellt, besteht weiter und wächst an. 

 

24. Die jüngsten Daten bestätigen die Tendenzzur Verstärkung der absolutenVerelendung der Arbeiterklasse. Nachder drastischen Verringerung der Gesamtbezüge der Lohnabhängigen im Zeitraum 2009-2012 von 85 auf66,1 % Milliarden Euro, fiel sie zwischen 2012-2015 auf 59 Milliarden zurück. Das bedeutete einen weiteren Rückgang um 10,7 %, während der GesamtrückganggegenüberdemVorkrisenniveaumehrals30%erreicht.Überdie Lohnkürzungen hinaus, spiegelt diese drastische Kürzung der Gesamtentgelte der Lohnabhängigen natürlich auch die Explosion bei der Arbeitslosigkeit in der Zeit der Krise wider. 

Auf der Grundlage der Daten der Bank von Griechenland sank der Lohn pro Lohnabhängigen im Jahr 2013 um 7 %, in 2014 um 2,1 % und im Jahr 2015 um2,7 %. Die nominalen Lohnkosten pro Lohnabhängigen sind von 24.300 Euroin 2012 auf 21.800 Euro im Jahr 2015 gesunken, eine Minderung von ca.10,3 %, die zu den Kürzungen im Zeitraum 2010-2012 dazukommen. Dasverringertedennominalen Jahresdurchschnittslohnvon26.100auf24.300 Euro. Unter konstanten Bedingungen (und unter Berücksichtigung derInflation) überschreitet die Abnahme des Durchschnittlohns die 20 %-Marke. Basierend auf Kennzahlen der IKA (Versicherungsanstalt für Angestellte und Arbeiter des privaten Sektors), sank der Mindestlohn seit 2010 um fast 35%. 

Die Kaufkraft des durchschnittlichen Bruttolohns in Griechenland kommt imJahr 2014 auf nur 66 % der durchschnittlichen Kaufkraft der 15 am weitest entwickelten EU-Länder, im Vergleich zu 82 % in 2009. Die Kaufkraftverluste der Lohnabhängigen werden in Anbetracht der enormen Steuerbelastungen in den letzten Jahren sogar noch größer. Wenn man alle diese Faktoren mitberücksichtigt, kann geschätzt werden, dass die Gesamtverluste beim Lebensstandard der arbeitenden Menschen in der Krise ca. 50% erreichen. 

Der Angriff auf den Mindestlohn (Verminderung um 22% bei den Über-25-jährigen und um 32 % bei den jungen Menschen bis 25 Jahren) führte zu dem Ergebnis,dass die Einkommen 2014 niedriger sind als die Lohnuntergrenzen Anfang der 1990erJahre.

Die Gesetze der letzten Jahre verschlechternnach wie vor die Löhne und das Einkommenund das Leben derMenschen aus der Arbeiterklasse und den Volksschichten. Dievorgelegten Kennzahlen spiegeln die Widrigkeiten, mit welchen die arbeitenden Menschen konfrontiert sind, und die Situation bei den Löhnen und den Arbeitsverhältnissen, wider.

Die Niedriglohnbezieher machen etwa 60 % der arbeitenden Menschen aus. Die Anzahl der Arbeiter und Angestellten mit einem "Nettolohn" von weniger als 1.000 Euro erreichte 63,17 %. Gleichzeitig ist eine Bewegung nach unten zu beobachten, bezüglich der Einstufung in die verschiedenen Entgeltsgruppen.Die Lohnabhängigen miteinem Lohn von501bis600Euronahmen um 13,24 %, und die mit einem Lohn von 601 bis 700 Euro um10.56 % zu. 

Bezüglich der "Mobilität und Flexibilität" auf dem Arbeitsmarkt, die durchdie aktuellen Gesetze und die kapitalistische Krise kamen, ist folgendes bezeichnend: Die Arbeitsverträge, die 2015 arbeitgeberseitig gekündigt wurden, überstiegen zusammen mit den "freiwilligen Aufhebungsverträgen“ und den abgelaufenen befristeten Arbeitsverträgen die Zahl der Lohnabhängigen im selben Jahr.

Die Arbeitsverhältnisse verschlechtern sich zusehends. Im Jahr2015 überschritt der Anteil der "flexiblen Arbeitsverhältnisse" (Teilarbeit und Jobrotation) bei den Neueinstellungen 55 %, während er im Jahr 2009 bei29 % und 2012 bei 45 % lag. Etwa 30 % der Lohnabhängigen in der Privatwirtschaft arbeitet verkürzt, 20 % arbeitet weniger als 20 Stunden proWoche. Auf jeden Fall liegengegenwärtig mehr als der Hälfte der Einstellungensolche flexiblen Beschäftigungsformen zugrunde, eine Tatsache, die natürlich auch das durchschnittliche Lohnniveau beeinträchtigt. 

DerdurchschnittlicheKonsumder PrivathaushalteinGriechenlandhatsichimZeitraum von 2010 bis 2014 um 25 % verringert und beträgt ca. 1.460 Eurogegenüber 1.950 Euro im Jahr 2010. Im selben Zeitraum ist nun eine deutliche Differenzierung beim Ernährungsverhalten des griechischen Durchschnittshaushalts festzustellen.InsbesondereverändertensichdieMengenderkonsumiertenNahrungsmittel (z.B. sank der Verzehr von Fleisch und Fisch um 12 %). In 2015 litt 40% der Bevölkerung unter materieller Entbehrung, deutlich mehr als in 2010 (24 %). 

Die Gesamtarbeitslosenquote ist in den letzten vier Jahren leicht gesunken, bleibt aber besonders hoch. 2015 belief sie sich auf 24,9 %, 2013 auf27,5 % und 2014 auf 26,5 %. Die Zahl der Arbeitslosen bleibt außerordentlich hoch und beläuft sich auf 1,2 Millionen. Die Arbeitslosenquoteistbeiden jüngeren Menschen (15-29Jahre)sehrhochundübersteigt40%.Zur selben Zeit stieg der Anteil der Langzeitarbeitslosen (d.h. derjenigen, dielängerals12Monatearbeitslossind)erheblichan.ImJahr2015waren875.000 Menschen langzeitarbeitslos, d.h. 73,1 % aller Arbeitslosen, währendder Anteil 2012 bei 59 % der Arbeitslosen lag. Auch sind bei den FrauenhöhereArbeitslosenquotenzuverzeichnenalsbeiMännern.ImJahr2015 lag die Arbeitslosenquote der Frauen bei 28,9 % gegenüber 22 % beiden Männern. Die Arbeitslosenquote der Frauen stieg im Vergleich zu 2012 (28,1 %) und erreichte fast die Zahl von 618.000. 

 

25. Der jüngste Bericht der Bank von Griechenland bestätigt die Position derKKE, dass die Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit und die Politik zurÜberwindung der Krise "auf den niedrigen Lohnkosten und dem institutionellen Rahmen für die Flexibilität am Arbeitsmarkt ", mit anderen Worten auf der billigen Arbeitskraft, beruhen.

DerUnternehmerverband (SEB) stelltstets die zügigeund effektive Umsetzung des Programms des 3. Memorandums in den Vordergrund, die Beschleunigung der Umstrukturierungen und der Privatisierungen, die Reduzierung derso genannten "Lohnnebenkosten" und die Bereitstellung größerer steuerlicher Anreize für private Investitionen. Im Allgemeinen besteht eine ÜbereinstimmungderinländischenBourgeoisie(Unternehmerverband, Vereinigung Griechischer Reeder, Verband Griechischer Banken) mit dem IWF und der EU bei der Verhängung von Maßnahmen, die den Ausbeutungsgrad erhöhen und die Rechte und die Einkommen der Arbeiterklasse zerstören.

Trotz der bestehenden Unterschiede zwischen den verschiedenen EU-Mitgliedstaaten werden die Leitlinien dieser Politik überall entschlossen umgesetzt, wie die jüngsten Maßnahmen in Frankreich und Italien gezeigt haben.               

 

26. Die Regierung SYRIZA-ANEL behauptet zu propagandistischen Zwecken, dass sie beimkapitalistischen produktiven Wiederaufbau desLandeseineranderenAusrichtung folgt als die vorherigen Regierungen. Sie fördert das Konzeptder „gerechten Entwicklung" mit angeblich neuen Komponenten, wie die Wende zu Innovation und Qualität, die Nutzung wissenschaftlicherErkenntnisse und hochspezialisierten Technologien zugunsten der Produktivitätssteigerung,dieVerwendungdes umgestalteten bürgerlichen Staates als Sprungbrett für die Entwicklung und insbesondere für die „Stärkung der Gesellschaft und des Marktes".

Die Regierung verschweigt, dass die Anwendung von wissenschaftlichen Erkenntnissen und Innovationen zur Steigerung der Produktivität im Kapitalismusnicht der Verbesserung der Lage der arbeitenden Menschen (z.B. etwa durch Einkommensanstieg und Arbeitszeitverkürzung) dient, sondern der Erhöhung der Profite des Kapitals. Dies wird belegt durch die Tatsache, dass sogar in Staaten, die eine führende Rolle bei der Nutzung neuer Technologien in der Produktion spielen und sich nicht in einer Krisenphase befinden, wie Großbritannien,Deutschland und die USA,dieEinkommensungleichheitrasantansteigt. 

Die Wahrheit ist, dass dieRegierungspolitik nicht einmal zu einem teilweisen Ausgleich der großen Verluste der Volksschichten während derKrise führt, sondern die Lage des Volkes verschlechtert. Zugleich verschweigt die Rhetorik der Regierung über einen „effizienten Staat“, dass der bürgerliche Staat zugunsten des Kapitals funktioniert, und demzufolge alle Anpassungen der Erhöhung seiner Wirksamkeit zu dessen Vorteil dienen. Diesem Ziel dienen zum einen diegroßen Steuermehrbelastungen des Volkes und die Kürzungen von Sozialleistungen, und zum anderen die staatliche Förderung dereinheimischen Unternehmensgruppen und der kapitalistischenRentabilität im Allgemeinen.

Der Anstieg der indirekten Steuern, die Senkung des Steuerfreibetrages, die Beibehaltung der Immobilienbesitzsteuer (ENFIA), dieRentenkürzungen und die Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträgesind typische Beispiele für die Eskalation dervolksfeindlichen Offensive. Was die Selbständigen und Bauern betrifft, geht die starke Zunahme der Steuer-und Sozialversicherungslastenmit einer drastischen Abnahme des Umsatzeseinher, was zu einergroßen Verschlechterung ihrer Lage führt. Die Monopolgruppentragen im Gegensatz dazu wenigerals5%zudenjährlichen Steuereinnahmen bei, und die Regierung plant neue staatliche Förderungen über das "Entwicklungsgesetz".

Selbst wenn eine eventuelle Erholung eintritt, wird sie die Arbeitslosigkeit nicht aufheben, noch wird sie den Zustand vor der Krise wiederherstellen, in Bezug auf die grundlegenden Rechte und Errungenschaften der Arbeiterklasse, die im 20. Jahrhundert erreicht wurden. 

Insgesamt zerschlägt die Entwicklung im Ganzen die Illusion über die Möglichkeit einer volksfreundlichen Verwaltung des Kapitalismus, wonach die Steigerungder Rentabilität desKapitalsmit dem Wohl der Lohnabhängigen undSelbständigen sich im Einklang befindet. Es stellt sich heraus, dass es "innerhalb der Mauern" der Herrschaft des Kapitals, der EU und der NATO, keine volksfreundliche Politik geben kann.

 

Der Reformierungsprozess des bürgerlichen politischen Systems

27.DieReformierung desbürgerlichenpolitischenSystemserfolgtunterdemmaßgeblichen Einfluss der internationalen Entwicklungen, der innerimperialistischen Gegensätze, der Schwierigkeiten beim Zusammenhalt der EUundderWWUundderWidersprücheim Geflecht der  internationalenBündnisse, die die Bourgeoisie Griechenlands anstrebt, um nach einer achtjährigen Krise von 2008 bis 2016 einen Übergang in eine Erholungsphase zu bewerkstelligen. 

Die Hauptkräfte des bürgerlichen politischen Systems stimmen mit den strategischen Zielen der Bourgeoisie überein, die sich, kurz gefasst, auf folgende Fragen beziehen: 

•Kurs der Erholung der kapitalistischen Wirtschaft

• Geostrategische Aufwertung des Landes als Handels- und Energieumschlagknoten

•Verstärkung der aktiven Rolle in der NATO und der EU

•Wiederherstellung der Position der griechischen Bourgeoisie in Südosteuropa und im östlichen Mittelmeerraum, die in den vergangenenJahren der Krise gelitten hatte 

Die unterschiedlichen Auffassungen unter den bürgerlichen Parteien über einzelne Verwaltungsthemen stellen grundlegende Aspekte nicht in Frage, wie z.B. die Notwendigkeit der Beschleunigung der volksfeindlichen Umstrukturierungen, eine intensivere Beteiligung an den NATO-Plänen, dieNotwendigkeit der Lockerung der Haushaltspolitik, die staatliche Unterstützung derInvestitionsvorhaben des Kapitals usw.

Natürlich dürfen diese einheitlichen Bestrebungen und die strategische Übereinstimmung, die Gegensätze nicht verbergen, die innerhalb der Bourgeoisie bestehen, und im Wesentlichen alle bürgerlichen Parteien durchdringen. Diese Gegensätze, die sich objektiv verschärfen, betreffen sowohl die Prioritäten bei der Unterstützung bestimmter Branchen der kapitalistischen Wirtschaft, alsauch die Optionen und Hierarchisierungenbei den internationalen Bündnissen desKapitals.SosteheneinigeTeiledergriechischenBourgeoisie Deutschland, andere den USA oder Frankreich (das seinenEinflussimLanderhöhthat)undwiederum andereChina,Russland oder anderen Ländern näher.

Die politischen Kräfte in Griechenland

28.In den letzten zwei Jahren erwiesen sich die Regierungen SYRIZA-ANEL alsbesonders effektiv für das Kapital, für die Bourgeoisie im Allgemeinen, aberauch für ihre wichtigsten internationalen Verbündeten. Was die Bourgeoisieund ihre ausländischen Verbündeten anerkennen, ist nicht nur die Entschlossenheit der Regierung Tsiprasdurch volksfeindliche Gesetze die kapitalistische Rentabilität zu stützen (wasbei allen bürgerlichen Parteien zutrifft), sondern auch die Fähigkeit, ein X für ein U vorzumachen. Sie erkennen ihre Fähigkeit an, den Widerstand des Volkes abzuschwächen,indem sie eine ideologische Differenzierung zur Partei NeaDimokratia (ND) betont, ihre Fähigkeit die Volksschichten ins System zu einzugliedern, sie zu desorientieren,massiv und wiederholt zu betrügen. Das geschah auch nach 1981,bei der ersten Regierungsübernahme durch die PASOK. 

Das ist der „Trumpf“ der SYRIZA-Regierung, den sie in der Konfrontation mit den anderen bürgerlichen Parteien ausspielt.Dieser Versuch verstärkt natürlich die Gegensätze innerhalb der SYRIZA,wenn auch nicht mit der gleichen Schärfe, wie im Sommer 2015.

Zur gleichen Zeit bemüht sich SYRIZA um eine Erweiterung in Mitte-Links-Richtung, indem sie die Karte der Zusammenarbeit mit der europäischenSozialdemokratie ausspielt.DieseBemühungstößtjedochaufKonkurrenzkämpfe innerhalbderSozialdemokratieundinsbesondereihren seitJahrzehnten wichtigstenVertreter in Griechenland, der PASOK. Solche Konkurrenzkämpfe werden beispielsweisedadurch angeheizt, dass SYRIZA es nichtgeschaffthat,starkenEinflussbeidenGewerkschafteninverschiedenen Branchen aufzubauen, während PASOK solche Stützen in Teilen der Arbeiteraristokratie und der Mittelschichten hält 

Besonders gefährlich ist die Taktik der Regierung, die Geschichte und die Kämpfe der Arbeiter- und Volksbewegung zu missbrauchen, sich als eine quasi kommunistischeKraftzuerscheinen,eineTaktik,dievondenanderenbürgerlichenParteienund Medienverstärktwird.Dieser ideologische Mantel hilft, diejenigen zuvereinnahmen, die links fühlen, die eine kämpferische Natur haben. Ein Element dieses Bemühens ist auch der Versuch, dieheroische Geschichte des Widerstands der EAM (Nationale Befreiungsfront), den Kampf tausender Kommunisten, Linker und anderer radikaler Kämpfer zu vereinnahmen. Gleichzeitigunternimmt die Regierung, auch wenn nicht konsequent,bestimmte bürgerliche Modernisierungenundbezeichnetsieirreführend alsradikalund bahnbrechend.

 

29.NeaDimokratia, gegenwärtig die größte Oppositionsparteiim Parlament, ringt um die Anerkennung als alternative, konsequentere Regierungskraft, die den Zielen des Kapitals mit größerem Engagement entsprechen kann. Im Mittelpunkt ihrer Auseinandersetzung mit derRegierung stehen die Haltung gegenüberdenUmstrukturierungen bzw. Reformen und das Tempo ihrer Umsetzung. Trotzdem scheint sie noch nicht die Dynamik zu haben,als sofortige Option für einen Ersatz der SYRIZA-Regierung zu fungieren. 

In letzter Zeit wird intensiv dran gearbeitet, mit SYRIZA und ND im Kernund ihren jeweiligen regierungswilligen Partnern zwei Pole impolitischenSystem neu zu etablieren. Dabei verschärft sich ihr Streit, wer der authentischste Vertreter des Kapitals sein wird, wer die volksfeindlichePolitikderkapitalistischenUmstrukturierungen und der Richtlinien der EU, des IWF und des Quartetts insgesamt, effektiver umsetzen wird. 

WasdassozialdemokratischeLager betrifft, schaffenderAufstiegderSYRIZA alsihr Grundpfeiler und ihre Anerkennung durch die europäische Sozialdemokratie erhebliche Schwierigkeiten bei der Reformierung des sogenannten"Mitte-Links-Lagers", das dieklassischesozialdemokratische PASOK, die Partei „POTAMI“ und andere kleinere politische Gruppen umfasst. Angesichts der aktuellen Schwierigkeiten dieses Lagers, eineeigenständigere Rollezuspielen,gibteseinen Streit und ein Schwanken darüber, ob es als dritter Pol ein bevorzugter Ansprechpartner der SYRIZA oder der ND sein könnte. 

Dabei bestehen zwei verschiedene Tendenzen nebeneinander:

•Zum einen die Tendenz zur bedingten Zusammenarbeit mit SYRIZA,vorbehaltlicheinerdeutlicheren zentristischen Wende, die sich auch in der Auswahl der Personen ausdrückt.Dieser Trend scheint auch von Kreisen der europäischen Sozialdemokratie unterstützt zu werden.

•Zum anderen die Tendenz, die einer Allianz der konsequenten pro-europäischen und reformorientierten Kräfte den Vorrang gibt, die auch die ND unter Kyriakos Mitsotakis mit einschließt.

 

30. Die "euroskeptische Strömung" befindet sich in Griechenland zurzeit noch in Entwicklung. Die euroskeptische Stimmung ist von Widersprüchlichkeit geprägt und hat keine beständigen politischenZüge angenommen, obwohl sie bei breiten Massen existent ist und sich mehrfach als Infragestellung der EU und derWWU darstellt (unter anderem auch beim Referendum vom Juli 2015).

Es gibt Kräfte aus dem ganzen politischen Spektrum des bürgerlichen Systems, die sich in diese Richtung bewegen. Eine zentrale Rollestrebt die Partei „Plefsi Eleftherias“("Weg zur Freiheit")von Zoi Konstantopoulouan, aberauch das opportunistische Lager der LAE (Volkseinheit) und der ANTARSYA mit einigenkleineren Gruppierungen in ihrem jeweiligen Umfeld. Diese Parteien und Gruppen verschleiern, wenn auch differenziert, ihren EU-Skeptizismusmit einer gewissen antikapitalistischen Rhetorik und desorientieren damit potentielle radikale Kräfte und vereinnahmen sie unter einer Version bürgerlicher Systemverwaltung. Insgesamthandelt es sich um Kräfte, die als Bollwerk gegen die Radikalisierung und gegen das Zusammengehen von Menschen aus den Volksschichten mit der KKE fungieren. Dabei nehmen sie im Wesentlichen Positionen und Praktiken an, die auch SYRIZA hatte, als sie noch in der Opposition war. Einige vonihnen waren SYRIZA-Mitglieder und halfen ihr auf die Regierungsbänke zu gelangen, sie hatten Ministerämter inne oder waren Mandatsträger, und trugenaufihreeigeneWeisedazubei,derDurchsetzung der harten, arbeiterfeindlichen Politik ein Alibi zu verschaffen undmassiv Illusionen zu verbreiten.

 

31. Es gibt auch Kräfte, die sich von der ND abgespalten haben und sich im "euro- skeptischen" Lager bewegen. Die Vorgängebei den sogenannten Rechtsextremen dürfennichtunterschätztwerden,obwohlsiederzeitmarginalen Charakter haben (z.B. Bildung der L.E.P.EN. [Griechische Patriotische Volksvereinigung] durch ehemalige Funktionäre der"Chrysi Avgi", die Partei des FailosKranidiotis "Neue Rechte", die Partei "Nationale Einheit" von Karatzaferis und Baltakos, die "Vereinigung NationaleEinheit" vonVelopoulos, die "Erste Reihe" von Plevris, die "Nationale Front", die Partei von Artemis Sorras "Versammlung der Hellenen" usw.).

Auchdieses Lager ist im Wandel begriffen,bei dessen Verlauf sowohl das Endergebnis des Gerichtsverfahrens gegen die kriminelle nazistische Organisation “Chrysi Avgi”, als auch die Vorgänge in Teilen der ND eine Rolle spielen werden.

Dieangeklagten Naziverbrecher der "ChrysiAvgi" streuen als systemstützende Kräfte weiterhin ihr rassistisches Gift und tun sich bei einemprimitiven Antikommunismus hervor. Sie unterhalten zu Zentren und Diensten außerhalbGriechenlands, zu undurchsichtigen Netzwerkenverdächtige und vielfältige Verbindungen. Im Parlament heucheln sie vor, eine antisystemische Kraft zu sein, während sie gleichzeitig mehr Privilegien und Steuerbefreiungen für Teile des Kapitals fordern und weiterhin als Sklavenhändler derGroßunternehmer fungieren.

Der scheinbare Widerspruch, dass einerseits die gesamte Führung der "Chrysi Avgi"strafrechtlich verfolgt wird, während sie andererseits als seriöse bürgerlicheparlamentarische Partei akzeptiert wird, bestätigt, dass die Bourgeoisie eineReserve mit den Merkmalen der "Chrysi Avgi" haben will, jedoch eine gemäßigtere, die sie zum Angriff auf die Arbeiterbewegung und zum Antikommunismus effektiver verwenden könnte.

Was die Nazis mit anderen nationalistischen politischen Kräften gemeinsam haben, ist die Ausnutzung der großen Flüchtlings- und Migrantenströme und der Sorge, die sie bei Teilen des Volkes hervorrufen, um ihre Aufmerksamkeit von den wahren Problemursachen abzulenken und reaktionäre Auffassungen zu verbreiten. 

 

32.Abschließend lässt sich schlussfolgern, dass der bürgerlichen Propaganda, die den Versuch der Reformierung des politischen Systems begleitet, und darauf abzielt, die aktive Unterstützung des Volkes zu gewinnen, noch entschlossener entgegenzutreten ist.

Es muss densystematisch sich verbreitenden Täuschungen und Illusionen entgegengewirkt werden, dassdurch einen Prozess der Bildung neuer Parteien und Regierungsbündnisse etwas Positives zugunsten des entstehen könnte. Zudem gibt es eine reiche Erfahrung aus dem Reformierungsprozess, derwährend des AufstiegsderSYRIZA zur Regierungsreserve des Systems stattfand. 

Es ist auch wichtig, der Angst zu begegnen, die in Bezug auf die Möglichkeitder politischen Instabilität, die Sorge um die Existenz von stabilen bürgerlichen Regierungen und Parlamentsmehrheiten geschürt wird, sowie den Forderungen nach Konsens und Zusammenhalt. All das hat zum Ziel, dass die arbeitenden Menschen mitihrerHaltung-imNamendernationalenEinheit-dieDurchsetzung der volksfeindlichen Politik ermöglichen, und sogar institutionelle Veränderungen in reaktionäre Richtung unterstützen.

Über die Verfassungsreform

33. SYRIZA hat im Zuge der geplantenVerfassungsänderung eine Reihevon Vorschlägen zu institutionellen Reformen des bürgerlichen Staates vorgelegt, deren Hauptpunkte die Änderung des Wahlgesetzes, die Erweiterung derKompetenzendesPräsidentender Republik undparallel dazu die Möglichkeit seiner Direktwahl durch das Volk sind. Es handelt sich um Interventionen, die propagandistischals Maßnahmen „zum Ausbau der Demokratie“ verschleiert werden, wobei ihr Ziel ist, den bürgerlichen Staat abzuschirmen und die Bedingungen für einen reibungslosen Regierungswechsel zu sichern. Die Vorschläge der anderen bürgerlichen Parteien zielen trotz ihrer Unterschiede auch auf die Stärkung der bürgerlichen Macht.

Diese Interventionen passen das bürgerliche politische System an die neueSituation an, entstanden durch die kapitalistische Krise und die Schwierigkeiten siezu verwalten, sowie durch die Dringlichkeit, die staatliche Unterstützung der kapitalistischen Rentabilität auf Kosten der Volksschichten zu beschleunigen. All dies schwächte die Fähigkeit der bürgerlichenParteien, die Volksschichten in großer Zahl für die Unterstützung von Einparteienregierungen zu gewinnen, und erhöht die Notwendigkeit breiterer Zustimmungen unterden bürgerlichen Parteien zugunsten der Bildung von Koalitionsregierungen. Diese Ansätze stehen vor allem hinter dem langjährigen Prozess der Umstrukturierungen und Anpassungen des bürgerlichen politischen Systems an die neuen Gegebenheiten. 

Die Erhöhung derProportionalität des Wahlgesetzes dient in diesem Zusammenhang nicht der Stärkung des Volkswillens, sondern dem Versuch, alsBeschleuniger der Anpassung des bürgerlichen politischen Systems an dieheutigen Notwendigkeiten zur Bildung von Koalitionsregierungen zu fungieren, zur Bildung großer oder kleinerer Koalitionen, wie in anderen kapitalistischen Ländern, wie in Deutschland, Belgien und anderswo. Die Verhältnismäßigkeiterhöht objektiv den Druck für einen breiteren Konsens und eine Zusammenarbeit zwischen den bürgerlichen Parteien und schwächt Zielsetzungen und Bestrebungen ab, die aus parteipolitischem Kalkül ausgehen. 

Das gleiche gilt für den Vorschlag, die Rolle des Präsidenten der Republik durchdie Erweiterung seiner Befugnisse in Fällen von Schwierigkeiten beider Regierungsbildung zu stärken und ihn zu einem Bezugspunkt des bürgerlichenpolitischenSystems zu verwandeln,derRegierungsmehrheitenundparlamentarischen Konsens herbeiführt.AufdieseWeisewirdder Präsident als Quelle der Legitimierung der Exekutive und als eine derKonstanten der bürgerlichen Staatsführung ziemlich aufgewertet, ohne dassdas Parlament seine primäre Rolle verliert.

In jedem Fall wird das bürgerliche politische System aggressiver, um wirksamerdenBedürfnissendesKapitals, seiner Konkurrenzfähigkeit undRentabilität zu entsprechen.

 

Über die Frage der Trennung von Staat und Kirche

34. In der Verfassungsänderung, die SYRIZA bisher vorschlägt, fehlt dieFrage der Trennung von Staat und Kirche vollkommen. Die Regierung brichtTeilkontroversen mit der Kirchenführung vom Zaun, um Menschen mit Auffassungen über die radikale Änderung der Gesellschaft in die Irre zu führen. Um sich zu verteidigen gleitet die Kirchenführung zeitweise in Positionen des Obskurantismus aus vergangenen Perioden des griechischen bürgerlichen Staates herab. 

Die KKE vertritt die Auffassung, dass die Frage der Trennung von Staat und Kirche für Griechenland samt der damit verbundenen Bereicheüberreif ist: in der Bildung, bei öffentlichen Anlässen, bei der standesamtlichen Eheschließung, der weltlichen Bestattung, der Möglichkeit zur Feuerbestattung, der Namensgebung und der Frage des Kirchenbesitzes.

Die Trennung von Staat und der Kirche und die Säkularisierungdes Staates, der Bildung sowie aller Institutionen, wurde in vielen Ländern durch die Bourgeoisie und ihren Staat selbst, noch vor der Oktoberrevolution von1917 und der Entstehung der sozialistischen Staaten im vergangenen Jahrhundert durchgeführt. 

DieKKEwirdauchweiterhinkonsequentjedenVersuchbekämpfen,dasVolkaufgrundreligiöserÜberzeugungenzu entzweien. Das religiöse Bewusstsein ist in Klassengesellschaften unter den Bedingungen des kapitalistischenSystemseineFormdesgesellschaftlichenBewusstseinsundüberlebtauch noch sehr lange unterdenBedingungen des sozialistischen Aufbaus. Es kann weder per Dekret noch durch Gesetzeabgeschafft werden. 

Die langjährige Position der KKE zu diesen Fragen besteht in der Verteidigung des Rechts auf Religionsfreiheit, der Nicht-Verfolgung des religiösen Glaubens oder desAtheismus und die Gleichbehandlung, ungeachtet der Religion. Zugleich verteidigt die KKE die Sicherstellung der Möglichkeit einer ideologisch-philosophischen Debatte zu Fragen, sowohl der Religion als gesellschaftliches Phänomen, als auch zu den einzelnen Religionen und ihrer Geschichte. Indiese Debatte greift die KKE ein, indem sie dem Irrationalismus und dem metaphysischen Denken systematisch entgegenwirkt und die dialektische Interpretation der Natur und der Gesellschaft sowie den dialektischen und historischen Materialismus verteidigt.

Über die lokale und regionale Verwaltung

35. Die lokale und regionale Verwaltung, als Institution des bürgerlichenStaates, ist objektivnäher an denArbeiter-undVolksmassen aufgebaut. Sie spielte im Verlauf der kapitalistischen Krise eine wichtige Rolle bei der Einbindung der arbeitenden Menschen in die Bedürfnisse des bürgerlichen Systems.Sie passte ihre Funktionen an die neuen Gegebenheiten der Verbindung zur Zentralverwaltung (Regierung) an, umder allgemeinen Strategie des Kapitals einheitlich zu bedienen, unddamitArbeiter-undVolksmassendurchverschiedene Programme und Maßnahmen zu vereinnahmen. Bei diesemVersuchwurden als Schwerpunkte dieSozialpolitik,dieverschiedenen EU- und andere Programme zur "Bekämpfung von Armut und Arbeitslosigkeit" benutzt. Es entstanden Strukturen verschiedener Art, sowohlselbständig oder in Zusammenarbeit mit NGOs, mit Freiwilligen, "Sozialgenossenschaften" usw., die in der Politik der "Sozialwirtschaft" enthalten sind. SYRIZA spielt mit ihren Kräften aus Regierung und Partei dabei eine führende Rolle. 

Die Reformen in der regionalen und lokalen Verwaltung trugen zur Haushaltsdisziplin, zur Erweiterung der volksfeindlichen Besteuerung, zur Kommerzialisierung von Dienstleistungen und öffentlichen Gütern und zu der drastischen Verschlechterung der Arbeitsverhältnisse und der Arbeiterrechte. Sie werden durch deren ganzes bürgerliches politisches Personal unterstützt. 

Es besteht weiter die Notwendigkeit, die Tätigkeit der kommunalenund regionalen Behörden sowie der bürgerlichen politischen Kräfte, die in ihnen wirken, besser und tiefer zu untersuchen. Die Auseinandersetzung mit der Politik der lokalen und regionalen Verwaltung beruht auf den Problemen des Volkes und der Schärfe, die sie durch den Angriff des Kapitals annehmen, sowie auf dem Aufzeigen des Klassencharakters des Staates und seiner lokalen Institutionen. 

Über die "Sozial- und Solidarwirtschaft"

36.Das bürgerliche politische System fördert, in den letzten Jahren besonders intensiv, den Sektor der „Sozial- und Solidarwirtschaft“ als den „dritten Wirtschaftssektor“ neben dem Staats- und Privatsektor, dessen Aktivitäten angeblich nicht nur aufden Gewinn, sondern auf die verschärften sozialen Bedürfnisse ausgerichtet sind.

Mit der "Sozial- und Solidarwirtschaft“ strebt man einen "Freispruch" des kapitalistischen Entwicklungsweges an. Sie wirbt mit der angeblichen Möglichkeit der Entfaltung wirtschaftlicher Aktivitäten innerhalb des Kapitalismus, die dieBefriedigung gesellschaftlicher Bedürfnisse zum alleinigen Ziel haben.DerBegriff ist irreführend, weil einerseits, sowohl der staatliche, als auch derprivate Sektor im Kapitalismus den Bedürfnissen der erweiterten Reproduktion des gesellschaftlichen Kapitals dienen, und andererseits, weil auf dem Bodendes Kapitalismus eine private Tätigkeit, die nicht auf Gewinn abzielt, ohnewirtschaftliche Bedeutung ist. 

Die "Soziale Solidarwirtschaft" wird durch den bürgerlichen Staat als Mechanismus zur weiteren Kürzung der staatlichen Sozialleistungen genutzt, indem er die Zuständigkeit für eine Reihe von Tätigkeiten an sie überträgt.Mit den Gemeinden und Regionen als Hauptplattforme, trägt sie vor allem dazu bei, das Unternehmertum als harmlos zu postulieren. Unter anderem wird sie in den Bereichen dersozialen Dienste eingesetzt, indem sie die erforderlichenumfangreichenunbefristeten Einstellungen, aber auch zusätzliche Unterstützungsmaßnahmen für Arbeitslose ersetzt. Sie trägt zur Beseitigung von Arbeiter- und sonstiger Rechte bei und nutzt dazu die "ehrenamtliche Tätigkeit",die natürlich nichts mit der Solidarität des Volkes und dem echten Freiwilligeneinsatz zu tun hat.

Darüber hinaus umfasst die „Sozialwirtschaft“ nicht nur staatliche Sozialleistungen, sondernbreitet sich durch die "Sozialgenossenschaftlichen Unternehmen" in vielen Bereichen der Wirtschaftaus(z.B. Bauwesen).SiewirdalsMechanismuszur temporärenEntschärfung der hohen Arbeitslosigkeit genutzt. Im Wesentlichen fungiert die "Sozialwirtschaft"im Namen des"sozialen Charakters" ihrer Aktivitäten mit der "freiwilligen" Arbeit, den ausgedehnten Arbeitszeiten und den niedrigen LöhnenalszusätzlicherHebelzurVerschlechterungderArbeitsverhältnisse und zur weiteren Erhöhung des Ausbeutungsgrades. Innerhalb der EU wird ein "Europäisches Solidaritätskorps" mit100.000 Freiwilligen gebildet, um bei „Krisen“ in den Mitgliedstaaten eingesetzt zu werden. 

Abschließend wird die Position der Partei bestätigt, dass das bürgerliche politische System noch über Möglichkeiten verfügt, Risse zu kitten, in dem Maß, wie die Bewegung mit ihrer Organisation, ihrer Größe und der Ausrichtung ihres Kampfes es nicht insgesamtbedrohen kann. Die wichtigsteSchlussfolgerung ist, dass der Kampf der Arbeiter- und Volksbewegung sichganzheitlich gegen die Bourgeoisie und ihre Parteien und nichtnur gegen die jeweilige Regierungsmehrheitrichten muss.