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Frankreich erteilt Lektionen. Doch worin genau?

Wir beginnen mit einer notwendigen Erinnerung: Vor einem Jahr fanden in Frankreich Parlamentswahlen statt. Die „Neue Volksfront“1 gewann in der zweiten Runde die meisten Sitze, obwohl Le Pens „Rassemblement National“ 3 Millionen mehr Stimmen2 erhielt und an den ersten Platz kam.

Tatsächlich hatte die „Neue Volksfront“ zwischen dem ersten und dem zweiten Wahlgang 2 Millionen Stimmen verloren, da sie in vielen Wahlkreisen zugunsten der Partei des französischen Präsidenten Emmanuel Macron ihre eigenen Kandidaten zurückzog. So entging Macrons Partei letztlich der vernichtenden Niederlage, die das Ergebnis der EU-Wahlen3 erwarten ließ.

Diese Vorgänge wären kaum zu fassen gewesen, wenn man sich ausschließlich auf die Berichterstattung der vorwiegend „Mitte-Links“ ausgerichteten Presse in unserem Land verlassen hätte, die von einem „Sieg der Demokratie“, einem „Triumph der Linken“ und einem „Schutzwall gegen die extreme Rechte“ sprach und erklärte, dass „Frankreich eine Lektion erteilt hat“ und andere dergleichen hochtrabende Äußerungen. Die Gründung der „Neuen Volksfront“ selbst wurde bereits vor den Wahlen als Vorbild für die Kräfte der heimischen Sozialdemokratie präsentiert. Sie argumentierte, dass „wenn sie in Frankreich ihre Differenzen beiseite legen und sich angesichts der Gefahr der extremen Rechten zusammenschließen konnten, dann könnte man das auch in Griechenland tun, um die Regierung Mitsotakis zu stürzen“. Erwartungsgemäß wurde die Beteiligung der Französischen KP als Anlass für Angriffe auf die KKE genutzt, mit dem bekannten Vorwurf des „Isolationismus“.

Noch weniger ist es bekannt geworden, da es viele verschiedene „Narrative“ in Frage stellt, dass Macron heute mit der Duldung der Parlamentsfraktion von Le Pen regiert 4. Das beweist erstens, wie unglaubwürdig die „Front“ der liberalen und sozialdemokratischen Kräfte gegenüber der extremen Rechten ist, zweitens, wie falsch der „Antisystemismus“ der extremen Rechten selbst ist und drittens, dass die Rolle von Le Pens Partei nach den Parlamentswahlen trotz der oben erwähnten Jubelrufe auf jeden Fall gestärkt ist.

Fazit: Die Parteien, die unter dem Vorwand, Le Pen zu verhindern, die „Neue Volksfront“ gebildet haben, haben Macron letztendlich den von ihm ersehnten „Kuss des Lebens“ gegeben und ihm die Möglichkeit verschafft, weiter zu regieren und dieselbe harte, arbeiterfeindliche und kriegstreiberische Politik fortzusetzen, die zu Recht große Unzufriedenheit in der Bevölkerung ausgelöst hatte. Mehr noch, er kann mit der wesentlichen Unterstützung von Le Pen regieren, nachdem diese zunächst mit viel Demagogie das offene Oppositionsfeld, das ihr diese Parteien überlassen hatten, für sich genutzt hat! Es ist wirklich verwunderlich, wer „neidisch” auf eine solche politische Haltung sein kann, die man als Selbstmord bezeichnen könnte, wenn sie nicht ein bewusster Dienst am System und seiner politischen Stabilität wäre.

Das französische „Memorandum”

Zurück zur Gegenwart: Am 13. Juli kündigte Macron eine massive Erhöhung der französischen Militärausgaben für die nächsten Jahre an, im Rahmen der allgemeinen Kriegsvorbereitungen, der Wende der EU zur Kriegswirtschaft und der Entscheidung der NATO, die Ausgaben jedes Mitgliedstaates auf 5% des BIP zu erhöhen.

Exakt am nächsten Tag kündigte der Premierminister, François Bayrou, unter Berufung auf das hohe Staatsdefizit und die Gefahr der Staatsverschuldung, ein ebenso drastisches Paket von Kürzungen bei den Ausgaben für die Bedürfnisse der Bevölkerung (Gesundheit, Bildung, Sozialversicherung usw.) und eine Verringerung der Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Dazu kommt die Abschaffung von zwei Feiertagen im Jahr, um „die Wirtschaft anzukurbeln”, wobei einer davon den Jahrestag des antifaschistischen Sieges betrifft. Es versteht sich von selbst, dass keine der Parteien, Zeitungen und Webportale, die das Ergebnis der Wahlen im vergangenen Jahr bejubelt hatten, sich die Mühe gemacht hat, zu fragen, was wieder einmal „falsch” gelaufen ist...

Obwohl die Ankündigungen von Macron und Bairou zwei Seiten derselben Medaille sind, hat die regierungsfreundliche Presse in Griechenland die ersten eher beiläufig erwähnt. Den Ankündigungen Bayrous wurde jedoch große Bedeutung beigemessen. Insbesondere die Erwähnung der griechischen „Schuldenkrise” wurde hervorgehoben, die er als „Schreckgespenst“ gegenüber dem französischen Volk einsetzte, um es zur Akzeptanz der Maßnahmen zu bewegen. Die unterschwellige Botschaft an das griechische Volk lautet: „Schaut euch an, was in Frankreich passiert, erinnert euch daran, was wir hier durchgemacht haben, und seid froh, dass es euch nicht noch schlimmer getroffen hat...“. Als ob es nicht die Hunderte von Gesetzen zur Umsetzung der Memoranden wären, die auch heute noch in Kraft sind – zusammen mit den später hinzugekommenen volksfeindlichen Maßnahmen –, die die „blutigen“ Überschüsse schaffen, mit denen sich die Nea-Demokratia-Regierung immer wieder brüstet.

Beeindruckend ist auch die Ähnlichkeit der Argumente, mit denen die französische Regierung heute dem Volk die Schuld zuschiebt, mit denen, die die Regierungen in Griechenland während der Zeit der Memoranden verwendet haben.Wir haben gelernt, vom Staat zu erwarten, dass er für alles bezahlt“, „es geht nicht an, dass wir Kredite aufnehmen, um Löhne und Renten zu bezahlen“, „wir verbrauchen als Gesellschaft viel zu viele Medikamente“ (!!!) sind nur einige der Aussagen, die heute in Frankreich zu hören sind und uns sicherlich an etwas erinnern. Offensichtlich haben sie kein Problem damit, Kredite aufzunehmen, um Raketen und Panzer zu bezahlen... Die Wahrheit ist, dass sowohl in Griechenland als auch in Frankreich das Volk jedes Mal zur Kasse gebeten wird, mal für die Schulden und Defizite, die durch die Politik der „Expansion“ zugunsten des Kapitals entstanden sind, dann für die Aufrechterhaltung der Überschüsse, die durch die restriktive Politik entstehen und, insbesondere unter den gegenwärtigen Bedingungen, für die Kriegsvorbereitungen und das Kriegseingreifen.

Es ist ratsam, sich vor Augen zu halten, dass während der kapitalistischen Krise in Griechenland sowohl vom „Pro-Memorandum“-Lager als auch vom ehemals „Anti-Memorandum“-Lager immer wieder die Ansicht vertreten wurde, dass die übermäßigen Defizite, die hohe Staatsverschuldung usw. ausschließlich „griechische Besonderheiten” und Ursache der Krise seien. Dabei brachten sie letztere oft mit Korruption in Verbindung, die sie ebenfalls mehr oder weniger als griechische „Krankheit“ darstellten. Auf diese Weise rechtfertigten sie den kapitalistischen Entwicklungsweg, der alle oben genannten Phänomene in seiner DNA trägt, wobei es doch gerade seine normale Funktionsweise ist, die Wirtschaftskrisen hervorbringt, und nicht irgendeine „Verzerrung”.

Das Gleiche tun sie übrigens auch heute, beispielsweise anlässlich des Skandals um die Agrarsubventionen, den alle, sowohl die Regierung als auch die systemische Opposition, von seiner Quelle, der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU, trennen, die in den letzten Jahren die Bauern in Griechenland und Frankreich massenhaft auf die Straße getrieben hat. Und so geschieht letztlich – unter Berücksichtigung der Analogien – dasselbe auch in den kapitalistischen Paradiesen, die manche im Sinn haben...

Viele der von der französischen Regierung angekündigten Maßnahmen ähneln stark denen, die gleichzeitig in unserem Land, aber auch in den übrigen EU-Ländern vorangetrieben werden. Sie hängen genauso mit den Kriegsvorbereitungen und der Notwendigkeit des Kapitals zusammen, unter solchen Bedingungen die Menschen in Schach zu halten. Während die französischen Werktätigen aufgefordert werden, mehr zu arbeiten und weniger zu verdienen, bereitet die griechische Regierung der Nea Dimokratia ein Gesetz über den 13-Stunden-Tag, Disziplinarmaßnahmen im öffentlichen Dienst, Repressionsmaßnahmen an den Universitäten usw. Eine ähnliche Diskussion über die Arbeitszeit wird seit Monaten auch in Deutschlandgeführt. Wir erinnern uns gut daran, wie Bundeskanzler Merz Herrn Mitsotakis öffentlich für das Gesetz lobte, das die 6-Tage-Woche erlaubt, und erklärte, dass „wir wirklich von Griechenland lernen können“. Es handelt sich um eine Entlarvung des Charakters der viel gepriesenen „EU-Normalität“, die bei jeder Gelegenheit von der PASOK, der SYRIZA, der Plefsi Eleftherias und der Nea Aristera (Neue Linke) u.a. gepriesen wird. Dabei werfen sie der Nea Dimokratia-Regierung vor, „das Land von dieser Normalität zu entfernen“, obwohl das Problem genau darin besteht, dass sie genau das Gegenteil tut: Sie steht an der Spitze des europaweiten Angriffs auf die Arbeiterklasse und setzt die Vorgaben der EU mit Fanatismus um.

Die Hoffnung liegt im Kampf der Völker!

Letztendlich lehrt uns die Erfahrung Frankreichs tatsächlich etwas, aber nicht das, was einige vor einem Jahr behauptet haben. Sie lehrt, dass die Hoffnung für die Völker nicht in einer „progressiven“ Front der Kräfte der sündigen Sozialdemokratie liegt, und natürlich auch nicht in Kräften, die sich als „systemkritisch“ präsentieren, obwohl sie die fanatischsten Verfechter des Systems sind. Das Volk hat kein Interesse daran, sich zu beeilen, um die „Risse“ in der Stabilität des bürgerlichen politischen Systems zu „flicken“, wenn diese auftreten, sondern im Gegenteil, es muss danach streben, sie zu vergrößern, bis es vollständig gestürzt ist.

Sowohl die französische als auch die griechische Erfahrung zeigen, dass es weder in Zeiten der kapitalistischen Krise noch in Zeiten des kapitalistischen Wachstums und erst recht nicht in Zeiten der Kriegsvorbereitungen kein gemeinsames Interesse zwischen dem Volk und seinen Ausbeutern besteht, egal welche Propagandatricks diese auch anwenden, um das Gegenteil zu behaupten und ihm die Lasten aufzubürden.

Von den Millionen Streikenden in Frankreich gegen die Rentenreform von Macron bis zu den Millionen Streikenden in Griechenland gegen das Verbrechen von Tempi, von den Hafenarbeitern in Marseille bis zu ihren Kollegen in Piräus, die dieselben Militärladungen blockieren, damit sie nicht zum Mörderstaat Israel und von dort in die Körper der Palästinenser gelangen, zeigt sich die Macht, die die Völker in ihren Händen haben.

Wenn die Völker diese große Macht nutzen, können sie gegenüber der barbarischen Politik Schranken setzen, und auch die Bewegung organisieren, die diese Politik stürzen und dem System der Ausbeutung und des Krieges entgegentreten wird.

Die Völker können das wirklich Zeitgenössische in den Vordergrund rücken, die Erringung der Macht durch die Arbeiterklasse, den Aufbau des Sozialismus – Kommunismus.

Anmerkungen:

1. Allianz sozialdemokratischer und opportunistischer Kräfte unter Beteiligung der „mutierten“ Französischen KP.

2. Dies ist aufgrund des reaktionären Wahlgesetzes in Frankreich möglich. Das Staatsgebiet ist in Einerwahlkreise aufgeteilt, sodass die Stimmen aller Parteien außer derjenigen, die den jeweiligen Sitz gewinnt, keinen Einfluss auf die landesweite Sitzverteilung haben. In die zweite Runde kommen die beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen und diejenigen, die im ersten Wahlgang mindestens 12,5 % der Stimmen erhalten haben.

3. Bei den EU-Wahlen am 9. Juni 2024 lag die Partei von Le Pen mit 31,4% an erster Stelle, gefolgt von der Partei von Macron mit 14,6%. Dieses Ergebnis führte zur Auflösung des Parlaments und zur Ausrufung vorzeitiger Parlamentswahlen durch Macron.

4. Die Abgeordneten des „Rassemblement National” haben keinen der acht Misstrauensanträge unterstützt, die seit der Ernennung der Regierung Barnier durch Macron im Dezember bis heute gegen sie eingereicht wurden.

Der Artikel wurde am 26.-27.7.2015 in Rizospastis, Zeitung des ZK der KKE, veröffentlicht.